KATRIN BONGARD
SCHATTENZWILLING
E-Book Seiten ISBN |
4,99 € coming soon 272 978-3-943799-42-2 |
Young Adult/Liebe/Spannung
*Ein Brandenburg-Thriller*
Teresas Herz beginnt zu flimmern, als die Zwillinge Kai und Adrian zu Besuch auf den Brandenburger Bauernhof kommen. Vor zwei Jahren war Teresa in Adrian verliebt, doch seitdem hatte sie keinen Kontakt mehr zu den attraktiven Brüdern. Nun sitzt Adrian nach einem Motorradunfall im Rollstuhl, und Teresa fühlt sich stark zu Kai hingezogen – und schämt sich dafür. Doch ist Kai wirklich Kai? Und ist Adrian wirklich Adrian? Oder ist Teresa das Opfer eines gefährlichen Verwechslungsspiels?
Schattenzwilling spielt in Gülpe, dem dunkelsten Ort Deutschlands. Hier ist die Nacht am schwärzesten, daher ist der Ort Pilgerort für Astronomen. In Schattenzwilling geht es um Astronomie, das Sternengucken und was alles an dunkelsten Orten und in dunkelsten Seelen passieren kann …
Schattenzwilling
Weißt du, wie es ist, einen Doppelgänger zu haben? Jemand, der dir ähnlich ist, aussieht wie du und doch jemand ganz anderes ist. Nein? Aber ich weiß es. Ich weiß, was es bedeutet, man selbst und doch nur die Kopie eines anderen zu sein. Ich weiß, wie es schmerzt, wenn Menschen dich mit einem anderen verwechseln und du für sie nicht einzigartig bist. Und ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn der Mensch, den du liebst und begehrst, deinen Zwilling vorzieht.
1
Wenn ich am Morgen das Fenster öffne, sehe ich ein Landschaftsbild. Oben Himmel, unten Felder und mehr nicht. Ich höre den Hahn krähen und irgendwo ein Pferd wiehern. Ja, so ist es auf dem Land. Ich bin ein Stadtkind. Oder besser: Ich war ein Stadtkind. Denn seit wir hier wohnen, entdecke ich täglich neue Dinge, die mir Spaß machen und die nichts mit der Stadt zu tun haben. Zum Beispiel die Hühner zu versorgen. Hühner sind ziemlich dämlich, aber wenn man mit einer Schüssel Körner in den Stall kommt, dann wissen sie, dass es etwas zu essen gibt, und man ist automatisch die Hauptperson in ihrem kleinen Hühneruniversum. Oder ich gehe zu den jungen Kaninchen, die im Frühjahr hier geboren sind und jetzt in dem neuen Gehege herumhoppeln. Ich glaube, ich kann mich an das Leben auf dem Land gewöhnen. Trotzdem bin ich froh, dass ich weiterhin auf meine alte Schule in Potsdam gehe.
Und wie ich das sehe, wird es hier bald richtig abenteuerlich, wenn meine Eltern den Bauernhof in ein Ferienlager umgebaut haben und die Jugendgruppen aus aller Welt auftauchen.
»Tessa?«
Meine Mutter. Sie ruft mich zum Frühstück. Auch eine Neuerung. In den letzten Monaten war ich immer diejenige, die als Erste aufstehen musste, aber seit wir Tiere haben, sind die als Erste wach und müssen versorgt werden.
Ich renne die Treppe hinunter in die riesige Küche. Ich finde, es ist der schönste Raum des Hofes. In der Mitte steht ein großer Holztisch, an den sicher dreißig Leute passen. Die Platte ist nur wenig bearbeitet, man sieht noch die Astlöcher. Aber trotzdem ist die Küche nicht rustikal, denn sie ist mit den modernsten Küchengeräten ausgestattet, wie einer gigantischen Spülmaschine und einem großen Herd mit sechs Kochplatten. Hier wird später für die Feriengruppen gekocht. Und dann gibt es noch einen riesigen Edelstahlkühlschrank mit einer Doppeltür und einer Eiswürfelmaschine. Den habe ich mir gewünscht, damit diese Küche wenigstens etwas Klasse hat.
Meine Mutter sitzt am Tisch und trinkt einen Kaffee.
»Morgen. Soll ich dir was zum Frühstück machen? Müsli oder ein Spiegelei?«, fragt sie.
»Bauernfrühstück?«
Ich finde nicht, dass wir wie Bauern leben müssen, bloß weil wir auf dem Land wohnen. »Also ehrlich gesagt, hätte ich am liebsten einen Latte mit Sojamilch und ein frisches Croissant.«
Meine Mutter lacht. Seit wir hier wohnen, spielen wir das Stadt- und Landspiel. Sie preist das Landleben, ich das Leben in der Stadt. Doch wenn wir ehrlich sind, genießen wir beide, dass wir uns eigentlich nicht festlegen müssen.
Ich nehme mir etwas Kaffee und stecke einen Apfel ein. Das reicht mir bis zum Mittag, denn später gehe ich sicher mit Hannah in die Stadt und kaufe mir einen Bagel. Zum Glück dürfen wir mit sechzehn das Schulgelände in den Pausen verlassen. Die Mensa in der Schule ist viel zu klein, und bis man sein Essen hat, ist man verhungert und die Pause sowieso um. Ich nehme meine Crumpler-Tasche, stopfe noch ein Schulbuch hinein und reiße meinen Hoodie von der Hakenreihe neben der Eingangstür. Dreißig Kleiderhaken, aber bisher sind nur drei besetzt. Daran werde ich mich wohl noch gewöhnen müssen.
»Fährst du mit dem Fahrrad?«
»Klar!« Ich fummele mir meine iPod-Kopfhörer ins Ohr und kann dann leider nicht mehr verstehen, was meine Mutter mir hinterherruft, aber ich schätze mal, sie sagt so was wie: »Viel Spaß in der Schule!« Nun ja, wir wissen alle, dass es Spaß dort höchstens in der Pause gibt. Aber wie heißt es so schön: Man soll die Hoffnung nie aufgeben.
Es sind vier Stationen mit der Regionalbahn, das dauert nur zehn Minuten, und dann noch ein kleines Stück mit dem Fahrrad bis zur Schule. Wenn ich viel Zeit habe, fahre ich die ganze Strecke mit dem Fahrrad, da habe ich dann gleich mein Trainingsprogramm für den Tag absolviert. Es ist nämlich so: Wenn ich mich nicht genug bewegen kann, drehe ich durch. Ich glaube, daran sind meine großen Brüder schuld. Sie haben mich immer durch die Gegend gehetzt und Kampfspiele mit mir veranstaltet, und ich MUSSTE mithalten.
Vor dem Schultor erwartet mich Hannah. Wir sind seit der Grundschule Freundinnen. Sie ist ein typisches Mädchen, das würden jedenfalls meine Brüder sagen, aber ich denke mal, ich bin eher die Ausnahme. Ich glaube, erst als ich Brüste bekam, wurde mir richtig klar, dass ich kein Junge bin. Hannah und ich ergänzen uns ideal. Sie hält mich modemäßig auf dem Laufenden und zeigt mir, wie man sich schminkt, und ich sage ihr, wie man mit Jungen umgehen muss. Zusammen sind wir unschlagbar.
»Hey!« Sie grinst, als ich von meinem Mountainbike springe und mir die Ear-Phones aus den Ohren reiße. Sie trägt ein Kleid mit Spaghettiträgern, halblange schwarze Leggins und eine winzige Strickjacke. Sie hat die Haare hochgesteckt, damit man ihre Kreolen-Ohrringe besser sehen kann. Das ist genau der Style, den sie sich von Vanessa in Gossip-Girl abgeguckt hat. Ein paar Meter weiter steht die FAME-Gruppe. Ich weiß nicht, warum sie sich FAME nennen, denn sie sind weder berühmt noch reich noch sonst wie bedeutend, aber sie geben an unserer Schule den Ton an, was Mode und Jungs angeht. Die Mädchen tragen trotz der Wärme Schals um den Hals, Leggins zu weiten Kaschmir-Pullovern und hohe Schuhe. Die Jungs laufen in engen Jeans und V-Pullovern rum und tragen diese Stoffbeutel, die eigentlich vollkommen uncool sind.
»Du siehst toll aus. Wechselst du jetzt auf die dunkle Seite?«
Hannah lacht unsicher, ihr ist es immer etwas peinlich, wenn ich sie auf die FAME-Gruppe anspreche.
»Wenn du ständig mit deinen Hühnern beschäftigt bist?!«
»Wer isst denn gerne Chickenburger?«
Sie reißt die Augen auf. »Oh Gott! Schlachtet ihr die Hühner etwa?«
Ich habe offen gestanden keine Ahnung, aber ich hoffe doch mal nicht. Man gewöhnt sich verdammt schnell an Tiere, und ich habe ihnen schon Namen gegeben. Und was einen Namen hat, sollte man definitiv nicht essen.
»Nein, bestimmt nicht. Wo warst du eigentlich gestern nach der Schule? Ich wollte sie dir vorstellen.«
»Die Hühner?«
»Na, klar.«
Sie macht eine Kopfbewegung nach hinten, und ich weiß Bescheid. Hannah hängt oft mit den FAME-Leuten rum und hat dann ein schlechtes Gewissen. Ihr wäre es lieber, ich wäre dabei, aber ich kann ihr den Gefallen leider nicht tun und da mitmachen, denn nur über Jungs und Mode zu reden, langweilt mich auf Dauer. Andererseits finde ich es gut, jemanden zu haben, der den neusten Tratsch kennt, denn ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich überhaupt keine Gedanken über Cliquen machen. Hannah, Julie, Sibil und ich sind irgendwie auch eine Clique, obwohl das bei uns einfach nur bedeutet, dass wir Freunde sind, in der Pause zusammenstehen und uns am Nachmittag verabreden. Ich nicke der FAME-Gruppe zu, und sie nicken zurück. Schätze, mein Status an der Schule ist durch meine Brüder für alle Zeiten in Bronze gegossen. Ich bin die kleine Schwester von zwei der coolsten Typen, die diese Schule je besucht haben. Ich habe also absolute Freiheit, was Kleidung und Gruppenzugehörigkeit angeht, und ich glaube, wenn ich die alten Hoodies meiner Brüder in der Pause verkaufen würde, könnte ich steinreich werden. Leider verblasst ihr Ruhm mit jedem Tag mehr, denn sie haben beide schon ihren Abschluss gemacht. Hendrik studiert in England, und Jasper hat gerade das Abitur hinter sich und fährt nächste Woche zum Work-and-Travel nach Australien.
Ich schließe mein Fahrrad an, und Hannah und ich gehen zusammen in die Schule. Es klingelt zum Unterricht, aber es ist schon Notenschluss, und alle sind etwas träge und versuchen, die letzte Woche bis zu den Ferien einfach nur durchzuhalten.
Hannah blinzelt mich an. »Du hast so gute Laune. Was war eigentlich Samstag auf der Abi-Feier mit dir und Pablo?« Sie senkt die Stimme. »Habt ihr euch geküsst?«
Ich zucke lässig mit den Schultern. Warum sofort alles verraten? NATÜRLICH haben wir uns geküsst. Das ist der Grund, warum ich seit zwei Tagen auf Wolken schwebe. Allerdings gibt es auch diese kleine Stimme in meinem Kopf, die sagt: Pablo hat Abi gemacht, er ist mit der Schule fertig, wie viel Zukunft hat diese Sache?
Wir huschen als Letzte durch die Tür zum Physikraum und setzen uns auf die Plätze ganz hinten. Physik ist ein Pflichtfach, und ich habe nicht vor, mich kurz vor den Ferien noch groß anzustrengen. Da träume ich lieber von Pablo und der Zukunft. Zukunft?! Was das Wort wirklich bedeutet, werde ich wohl erst begreifen, wenn ich diesen Schulkasten verlassen habe und frei bin. Aber Pablo ist schon frei. Und wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann will er erst einmal für vier Wochen nach Spanien reisen, bevor er anfängt zu studieren. Studium! Auch so eine Sache, die mir noch so weit weg erscheint wie irgendein Planet da oben am Himmel. Klar, ich denke darüber nach. Ich würde gerne Psychologie studieren. Nicht unbedingt um mit Psychos zu arbeiten, sondern um die Menschen besser zu verstehen. Warum tun sie dies oder das? Warum sammelt jemand Briefmarken, und warum wird ein anderer Abfahrtsläufer? Warum trage ich am liebsten Jeans, höre Rockmusik und finde Naturwissenschaften langweilig? Und warum ist es bei Hannah genau umgekehrt? Wie kann sie Physik mögen? Sie meldet sich sogar und stellt eine Frage. Sie hat wirklich aufgepasst. Ich stupse sie an, schließlich schlafen in diesem Kurs fast alle, aber sie will natürlich genau wissen, warum träge und schwere Masse genau gleich sind. Und stellt euch vor, was die Antwort unseres Physiklehrers ist: »Die klassische Mechanik hat darauf leider keine Antwort.« Tja, ich würde sagen, da haben die klassische Mechanik und ich doch einiges gemeinsam. Wer hätte das gedacht?!
2
In der Pause ist das einzige und wichtigste Thema das Abi- Fest vom letzten Wochenende. Sibil musste sich heimlich hinschleichen, weil ihre Eltern sehr streng sind. Ihre große Schwester hat sie gedeckt und behauptet, Sibil ginge es nicht gut, und ihr Tee neben das leere Bett gestellt. Ich weiß nicht, ob ich so eine Anstrengung unternommen hätte, wenn ich in ihrer Lage gewesen wäre, aber sie ist eben verliebt. Noch dazu in einen der Abiturienten, also einen der Jungs, die die Schule gerade verlassen. Das ist hart, aber mir wird gerade klar, dass ich ja jetzt in der gleichen Situation bin. Die anderen sehen das genauso. Man muss uns bedauern, denn wann hat eine Beziehung zu einem Abiturienten auch nach dem Abi noch gehalten? Mir fällt niemand ein.
»Sei froh«, sagt Julie und streichelt meinen Arm. »Pablo hat einen ganz schlechten Ruf. Der will bestimmt nur …«
Hannah nickt. Das sind die Momente, in denen ich mich frage, ob meine Freundinnen wirklich meine Freundinnen sind.
»Jasper kennt ihn, er ist sogar mit ihm befreundet«, sage ich schnell.
»Dein Bruder … na ja«, flüstert Julie, und ich weiß, was sie sagen will. Er ist cool, aber er hat auch nicht den besten Ruf. Eine Zeit lang hat er viel gekifft, und als meine Eltern es herausgefunden haben, gab es mächtig Ärger. Es war seine Art, mit dem Abiturstress umzugehen, ich konnte das gut verstehen. Und ja, auch Pablo gehörte zu der Kiffer-Gruppe, aber als er mich am Samstag geküsst hat, war er ganz nüchtern. Während wir vor dem Umspann-Werk standen, wo gefeiert wurde, hat er noch nicht einmal geraucht und nur Mineralwasser getrunken, weil er mit dem Auto seiner Mutter da war. Unser Gespräch war ernst. Er hat gesagt, dass er mich schon lange toll findet und sogar Angst gehabt hat, dass ich nicht zur Abi-Feier komme. Das klang nicht betrunken oder bekifft. Das war sogar sehr schön. Außerdem … mehr Sorgen, als dass er den ein oder anderen Joint raucht, macht mir offen gestanden die Sache mit Spanien. Wenn er jetzt wegfährt und dort ein anderes Mädchen kennenlernt? Eine mit gebräunter Haut und großen Brüsten und langen schwarzen Haaren? Aber andererseits: Warum sollte er sich in mich verlieben, wenn das sein Frauentyp ist?
Das nächste Thema sind die Sommerferien. Ich finde, die Tatsache, dass mich einer der attraktivsten Jungs auf dem Abi-Fest geküsst hat, hätte man ruhig noch etwas länger diskutieren können, aber … na ja. Noch dazu kann ich bei Ferien nicht mitreden. Wir bleiben dieses Jahr wegen dem Bauernhof zu Hause.Und – nein – natürlich denke ich nicht daran, mit Pablo nach Spanien zu reisen, denn so fest ist unsere Beziehung noch nicht. Eigentlich weiß ich gar nicht, ob es überhaupt schon eine Beziehung ist.
Der Schultag zieht sich ewig hin, und nach der letzten Schulstunde stürmen wir nach draußen in die Sonne. Hannah kommt mit zu mir, und ich bin aufgeregt, weil sie nun den Bauernhof und die ganze Anlage zum ersten Mal sehen und ihren Kommentar abgeben wird. Es muss ihr gefallen, denn sie wird in der ersten Ferienwoche bei mir wohnen. So können wir wenigstens einen Teil der Ferien zusammen verbringen.
Als wir mit unseren Fahrrädern auf das Schultor zulaufen, stößt sie mich aufgeregt an. Ich habe keine Ahnung, was sie mir damit sagen will, aber dann sehe ich Pablo vor der Schule stehen und mit einem der Zwölftklässler reden.
Ich versuche, cool zu bleiben, aber mein Körper lässt mich schändlich im Stich. Ich fürchte, ich kann nicht mehr klar denken, und überhoÅNre Hannahs Frage.
»Was?«
»Sollen wir zu ihm rübergehen?« Sie bleibt stehen, betrachtet mich kritisch wie der Kommissar den Mordverdächtigen und grinst dann wissend. »Du bist rot geworden!« Ich kann es nicht auf die Hitze oder einen hohen Blutdruck schieben und hoffe nur, dass das Blut schnell den Weg in mein Gehirn findet. Was soll ich tun? Hingehen und einfach »Hallo!« sagen? Und wie soll ich HALLO betonen? So, als ob wir schon ewig zusammen sind, oder so, als ob ich schon fast vergessen hätte, was Samstag los gewesen ist? Er hat mich geküsst, er hat mich nach Hause gefahren. Das macht man doch nicht mit jedem x-beliebigen Mädchen, da wäre man ja den ganzen Abend beschäftigt.
»Er kommt auf uns zu!«, flüstert Hannah und drückt ihre Brust heraus. Ich wage einen Blick in Pablos Richtung und spüre, wie mein Gesicht sofort wieder heiß wird.
»Hi, Tess!«
Ich heiße Teresa. Meine Mutter nennt mich Tessa, mein Vater Resa, meine Brüder Ti und meine Freundinnen entweder Tessa oder Teresa, und so nennen mich auch die Lehrer. Niemand nennt mich Tess. Ich bin ein wenig geschockt, dass Pablo einfach einen neuen Spitznamen für mich erfunden hat, und gleichzeitig spüre ich, dass das etwas bedeutet. Sehr viel sogar. Hannah sieht mich an und zieht die Augenbrauen so hoch, dass sie unter ihrem blonden Pony verschwinden. Auch sie hat es gemerkt.
»Hi, Pablo.«
Was könnte man aus diesem Namen machen? Hi, Pab, Blo, Po?? Ich kann leider nicht mit einem Namen dienen, der meinen Gefühlen in diesem Augenblick auch nur annähernd gerecht wird.
»Ich gehe schon mal vor«, sagt Hannah und schlendert zu den Fahrradständern. Sehr elegant.
»Ich komme gleich nach!«, krächze ich ihr hinterher, denn ich habe irgendwie meine Stimme verloren.
Pablo lächelt, als fände er das ganz normal. Ich finde, er könnte ruhig etwas verunsichert sein. Ist er aber nicht, also erinnere ich mich an meine brüderliche Erziehung und sage cool: »Was machst du denn hier? Ich dachte, sie haben dich in die Freiheit entlassen.«
Seine Augen weiten sich, und er fährt sich mit einer Hand durch seine kurzen braunen Locken. »Wollte mein Schließfach leer räumen.«
»Ach, waren da etwa Wertgegenstände drin? Ich bewahre da eigentlich nur meine Schulbücher auf.«
Er weiß, dass ich ihn durchschaut habe, und er grinst. »Wenn meine Turnschuhe über die Sommerferien dort bleiben, dann muss die Schule vielleicht evakuiert werden.«
»Was mich nicht großartig stören würde …«
Wir grinsen beide. Er spielt das Spiel perfekt, und das mag ich an ihm. Aber ich sollte nicht vergessen, dass ich ein paar wichtige Fragen an ihn habe.
»Wann fährst du nach Spanien?«
Er zuckt mit den Schultern, dabei steht der Termin seit Monaten fest, denn er hat schon lange ein Flugticket gebucht. Aber ich weiß, was er damit sagen will, und dafür könnte ich ihn sofort küssen: Seine Reise ist im Moment nicht so wichtig.
»Donnerstag.«
Ich wusste ja, dass er bald fährt, aber trotzdem bin ich schlecht darauf vorbereitet. Wir haben Montag, also sind es nur noch zwei Tage, wenn ich heute abziehe. Mist.
»Wollen wir vorher noch was machen? Ich meine, Kino oder so?!«, fragt er.
Natürlich. Ich nicke, als ob das nur eine mögliche Möglichkeit wäre, dabei bin ich so froh, dass er es angesprochen hat.
»Morgen?«
»Ja«, krächze ich, und er nickt. So viel zu unserer großartigen Konversation.
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Presse / Rezensionen
»Super spannend, zum totalen mitfiebern und miträtseln geeignet! Mit “Schattenzwilling” hat Katrin Bongard hier einen wirklich spannenden Jugendthriller geschrieben.« (Nicole W. 23. August 2014)
»Ein Wahnsinns Jugend Thriller! Mit „Schattenzwilling“ ist der Autorin ein grandioser Jugendthriller gelungen, fesselnd und spannend mit einem grandiosen Schluss, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt!« (Lines Books, 24. August 2014)
»Fesselnd bis zum Schluss! Irgendwann war ich der Meinung, dass ich wusste worauf die Geschichte hinausläuft. Doch als die Auflösung kam, war ich geschockt und irgendwie auch irritiert. Das Szenario, welches hier aufgelöst wurde, war unglaublich. Daher stellte ich mir die Frage, wie wahrscheinlich solche Begebenheiten sein können. Ich kam zu dem Schluss, dass theoretisch alles möglich ist, und ziehe meinen Hut vor so viel Phantasie. Ein durch und durch fesselnder und am Ende schockierender Jugend-Thriller.« (T.Geyer – lesenundmehr, 23. August 2014)