Loving – Interview mit Katrin über das Schreiben des New Adult Romans
RedBug Books: Loving gehört zur New Adult Reihe von Red Bug Books. Was kann man sich unter New Adult vorstellen?
Katrin Bongard: New Adult ist für eine etwas ältere Zielgruppe als Young Adult. Also 17/18 plus und geht dann bis Mitte Zwanzig bzw. nach oben ist es natürlich offen. Die Themen sind etwas erwachsener, es geht um Unabhängigkeit, Sex, Beziehung, daher sind die Protagonisten der Bücher auch meist älter. Hier wird eigentlich die Lücke zwischen Jugend- und Erwachsenenliteratur geschlossen.
RBB: Was hat dich an New Adult gereizt?
K.B.: Im Grunde habe ich von Anfang an New Adult geschrieben, ohne es genau zu wissen. Mich interessiert das Thema „erwachsen werden“. Und zwar unabhängig vom Alter, aber mit 16/18 plus ist es eben DAS Thema.Genauso wie Sexualität.
RBB: Wie war das bei deinem ersten Jugendroman: „Radio Gaga“?
K.B.: Ich denke, ich bin damals von meinem ersten Verlag falsch eingeordnet worden. Beltz und Gelberg ist eben vor allem ein Kinderbuchverlag, es gab keine richtiges Gespür für die Jugendthemen. Zumal man der Meinung war, dafür gäbe es keine Zielgruppe, dem Buch ein rosa Cover verpasst hat und es für Kinder ab 12 empfohlen hat. Ich fand, ab 16 wäre richtiger gewesen, schon allein wegen der Drogenproblematik.
RBB: Wie waren denn die Reaktionen der Zielgruppe?
K.B.: Es gab zwei interessante Reaktionen. Viele Jugendlichen ab 16 haben sich besonders für die Sexszenen interessiert. In Lesungen haben sie geradezu danach verlangt. Und dann habe ich empörte oder verstörte Mails von älteren Frauen bekommen, die den Sex zu explizit empfanden. Nicht für Jugendliche/Kinder geeignet. Ich wollte aber den Sex nie aussparen, weil es gerade mit 16 plus ein wichtiges Thema ist. Und, nun ja, mich als Jugendliche, sowohl als Leserin als auch überhaupt, interessiert hat. Man will einfach wissen, was da so passiert oder passieren könnte.
RBB: Was denkst du, wieso ist es jetzt ein Thema geworden? War Twillight der Auslöser?
K.B.: Twilight hat die Tür sozusagen eine Spalt weit aufgemacht. Es ist toll, dass dieses Buch so offen mit Leidenschaft umgeht. Was in meinen Augen weniger gut ist, ist der prüde und leider auch sehr reaktionäre Umgang mit dem Thema Sexualität. Enthaltsamkeit, Keuschheit vor der Ehe und gleichzeitig diese naive Fantasie, dass eine Frau von allen Männern begehrt werden muss. Dabei suchen auch Männer aus. Zum Glück, würde ich sagen.
RBB: Aber Shades of Grey hat das dann ja korrigiert …
K.B.: Genau. Hier ist es natürlich schade, dass die literarische Qualität nicht ganz erreicht wird, die man sich allgemein wünscht. Was man der Autorin – die ich übrigens cool finde – absolut nicht vorwerfen kann, da sie vorher nie geschrieben hat und nicht geahnt hat, dass ihr Buch ein Bestseller wird. Es war ja vorher „nur“ Fanfiktion im Internet.
RBB: Wie würdest du sagen, unterscheidet sich bei Red Bug Books, Young Adult von New Adult?
K.B.: Young Adult ist am ehesten noch das Jugendbuch so, wie wir es kennen. Die Protagonisten gehen zur Schule und sind von den Eltern abhängig. Sex wird ein Thema, aber die Gruppe oder Clique spielt ebenfalls eine große Rolle. Zielgruppe 13-16. New Adult dreht sich eher um das Thema Zweierbeziehung und Abhängigkeit/Unabhängigkeit. Nicht nur von den Eltern auch in der Partnerschaft. Sex spielt eine sehr große Rolle, ist meist zentral und wird auch explizit beschrieben, denn Beziehungen definieren sich auch über den Umgang mit der Sexualität. Unterwerfung, Abhängigkeit, Lust, Nähe, Geborgenheit. Alles wichtige Themen, die sich besonders deutlich in der Art zeigen, wie man mit dem Sex in einer Beziehung umgeht. Besonders gut sieht man das für mich an der Flying Moon-Serie. Der erste Band ist im Grunde noch Jugendbuch. Der zweite Band (Lasse) beschäftigt sich mit erwachseneren Themen. Auch weil er aus Lasses Perspektive erzählt wird und er älter ist und Liebe/Sex eine zentrale Rolle spielt, genauso wie Karriere und Unabhängigkeit. Das sind eben schon erwachsenere Themen.
RBB: Wieso sind die New Adult Stories aus den USA zum Teil so klischeehaft?
K.B.: Es sind für mich alles Schritte auf dem Weg zu neuen, interessanten Inhalten. Klischees funktionieren am Anfang einfach besser. Jeder weiß, was gemeint ist. Der Bad Boy, das unschuldige Mädchen und so weiter. Vielleicht auch eine Art archaisches Bedürfnis, das wir Frauen eine Zeitlang nicht ausgelebt haben, weil wir uns zum Teil so stark bemüht haben, auf die falsche Art und Weise emanzipiert zu sein.
RBB: Wie gehst du mit Klischees um?
K.B.: Na ja, mich reizt schon eher der kreative Umgang mit einer Beziehung als das Klischee. Wenn Jungs und Mädchen oder Frauen und Männer neue Wege gehen. Aber Klischees machen auch Spaß, sie schreiben sich gut, das muss man zulassen und auch aushalten können. So what? Mein Ziel ist es trotzdem, etwas Neues, Kreatives in diesem Bereich zu erschaffen. Lustvoll und intelligent.
RBB: Wobei wir bei Loving wären?
K.B.: Na ja, ich bin auf dem Weg. Und kann nur sagen, dass es gerade sehr viel Spaß macht.
RBB: Dann danke ich für das Gespräch.
(Das Interview führte Uwe Carow)